Covalent Organic Frameworks
Vom klassischen Duschschwamm über die Funktionsmembran der Wanderjacke bis hin zu Ionentauschern in Waschmitteln – poröse Materialien begegnen uns im Alltag praktisch überall. Die große Bandbreite der Anwendungsmöglichkeiten spiegelt dabei auch die Unterschiede in ihrem Aufbau wieder. Poren unterschiedlichster Größe können dabei als ungeordnete Strukturen (wie beim Duschschwamm), aber auch mit höchster Ordnung (wie bei der Funktionsmembran) vorliegen. Der besondere Vorteil solcher Materialien liegt in ihrem besonderen Oberflächen-Volumen-Verhältnis: Mikro-bzw. nanoporöse Materialien besitzen bei gleichem Volumen eine deutlich größere Gesamtoberfläche als ein gleich großer Quader aus nicht-porösem Material. Diese Eigenschaft ist dann besonders günstig, wenn ein Gegenstand möglichst stark mit seinem Umgebungsmedium interagieren soll, z. B. um Schadstoffe aus der Luft oder Wasser zu filtern. Diese besonders günstigen Oberflächen-Volumen-Verhältnisse findet man beispielsweise bei porösen organischen Gerüststrukturen. Organisch bedeutet hierbei, dass es sich um größere, zumeist aus Rohöl erhaltene, Moleküle handelt. Zudem zeichnen sich poröse organische Gerüststrukturen genau dadurch aus, dass sie geordnete Strukturen mit klar definierten Porengrößen besitzen, wodurch sie sich z. B. sehr gut als Filter- und Speichermedien eigenen. Seit etwa 20 Jahren wird beispielsweise an metallorganischen Gerüstverbindungen (Metal-Organic Frameworks = MOF) geforscht, deren organische Moleküle durch Metallionen vernetzt sind. Diese Verbindungen haben nun die marktreife erreicht und stehen für die Anwendungsentwicklung zur Verfügung.
Eine neue Klasse poröser kristalliner Materialien sind die mit den MOF verwandten kovalenten organischen Gerüstverbindungen (Covalent Organic Frameworks = COF). Als kovalent werden chemische Bindungen bezeichnet, die durch gemeinsam genutzte Elektronenpaare zwischen Atomen entstehen. Bei COF handelt es sich um Verbindungen, die vor allem aus den Elementen Wasserstoff, Kohlenstoff, Bor, Stickstoff und Sauerstoff bestehen, jedoch keine Metallionen zur Vernetzung benötigen (wie die MOF). Die durch das Gerüst entstehenden Poren besitzen eine definierte Porenöffnung und eine geordnete Kanalstruktur. Damit verfügen sie über zwei Design-Ebenen: Eine chemische, die durch die Auswahl (spezieller) chemischer Baugruppen beeinflusst werden kann und eine physikalische, bei der die Porengeometrien durch die Modifikation der Baugruppen gestaltet werden können. Außerdem haben COF eine hervorragende thermochemische Stabilität und können durch eine entsprechende Auswahl an Baueinheiten unterschiedliche Funktionalitäten aufweisen, wie z. B. katalytische Zentren.
Potentielle Einsatzgebiete sind beispielsweise die Speicherung, Absorption, Trennung und Reinigung von Gasen; wobei hier vor allem Methan, Wasserstoff, Kohlendioxid und Ammoniak von wirtschaftlichem Interesse sind. Darüber hinaus ist die Katalyse chemischer Reaktionen, z. B. zur Zersetzung toxischer Chemikalien oder zur Reduktion von Kohlendioxid zu Kohlenmonoxid von Bedeutung. Auch für die Trennung oder Anreicherung kleinerer Moleküle, wie beispielsweise bestimmter Farbstoffe, aber auch Uran wurden sie getestet. Zudem werden sie als Energiespeicher oder leitende Membranen in Brennstoffzellen erforscht. Im Bereich der Medizin können sie als Drug-Delivery-Systeme eingesetzt werden. Hierzu wurde beispielsweise bereits die kontrollierte Abgabe von Ibuprofen getestet.
Aufgrund ihres Aufbaus, der sowohl zwei- als auch dreidimensionale Gerüststrukturen erlaubt, besitzen sie auch ein großes Potenzial in den Bereichen Optoelektronik und Sensorik. Werden sie entsprechend funktionalisiert, zeigen sie beispielsweise eine gute Photolumineszenz und Photoleitung sowie Halbleitereigenschaften. Des Weiteren können sie zum Aufspüren von Sprengstoffen wie TNT oder zur Entfernung von Quecksilber-Ionen aus Wasser genutzt werden.
Um die bisher geweckten Erwartungen an COF erfüllen zu können, müssen zukünftig jedoch noch Themen wie Prozessierbarkeit, Skalierbarkeit und die einfache Integration in Bauelemente stärker in den Fokus gerückt werden. Daneben sind Fragen in Bezug auf kostengünstige Synthesemöglichkeiten, die Langzeitstabilität von COF, sowie zu ihrem Recycling und der (Bio-)Abbaubarkeit zu beantworten.
In Zukunft könnten COF an vielen Stellen unseres Alltags (unbemerkt) Einzug finden. Von neuartigen und sicheren Gasspeichern, über Filter zur Zersetzung von Luftschadstoffen bis hin zur genaueren Dosierung von medizinischen Wirkstoffen.