Trend-NEWS

Elektrische Raumfahrtantriebe

Die Science Fiction hat schon immer die Wissenschaften inspiriert. So ist es z. B. auch mit den Texten von Jules Vernes „Von der Erde zum Mond“ und H. G. Wells „First Men in the Moon“. Die mutigen Protagonisten reisen mit abenteuerlichen Gefährten und aus heutiger Sicht irrwitzigen Antrieben – riesigen Kanonen und „Antischwerkraftpaste“ – in den Weltraum. Die Überwindung der Schwerkraft und die Fortbewegung im Vakuum – das wird schon in den Romanen deutlich – ist jedoch alles andere als trivial.

Heutige Antriebe für Raumfahrzeuge besitzen, wie schon von Jules Verne beschrieben, zwei unterschiedliche Antriebssysteme. Zum einen den Hauptantrieb, der das gesamte Raumfahrzeug beschleunigt und auch zur Erreichung der Fluchtgeschwindigkeit aus dem Schwerkraftfeld der Erde benötigt wird. Zum anderen das Sekundärtriebwerk zum Manövrieren und zur Lageregelung im Weltraum.

Das klassische Beispiel für Hauptraumfahrtantriebe ist der chemische Antrieb, bei dem durch Verbrennung fester oder flüssiger Treibstoffe ein explosionsartiger Ausstoß der Materie erfolgt und dabei ein großer Schub entsteht. Diese großen Schübe sind ideal, um Raumfahrzeuge vom Erdboden zu starten. Jedoch werden hierbei sehr große Mengen an Treibstoff verbrannt, etwa 160 Tonnen für eine Aufstiegsphase von 8 Minuten.

Elektrische Triebwerke besitzen jedoch die größten Ausströmgeschwindigkeiten und sind deshalb ideal als Sekundärtriebwerk für Steuermanöver im Weltraum geeignet. Sie funktionieren allerdings nur im Vakuum, da die vorhandenen Ionen in der Atmosphäre von Planeten den Schub nicht entstehen lassen. In einem elektrischen Triebwerk wird typischerweise ein Edelgas wie Xenon positiv ionisiert und mithilfe von elektrischen Feldern durch die Antriebsdüse hinausgelenkt. Durch Feldstärkeänderungen kann man den Schub gut kontrollieren und über einen langen Zeitraum gleichmäßig ausstoßen. Diese Triebwerke werden somit auch als Ionentriebwerke bezeichnet.

Grundsätzlich unterscheidet man vier elektrische Raumfahrtantriebstypen:

  1. den elektrothermischen Antrieb (z. B. Arc-Jet),
  2. den elektrostatischen Antrieb (z. B. Kaufman-Ionenquelle, RIT und FEEP),
  3. den Hall-Antrieb (SPT) und
  4. den elektromagnetischen Antrieb (MPD),

die jeweils wieder in vielen Modifikationen existieren.

In einem Arc-Jet-Triebwerk wird beispielsweise in der Düsenkammer, die als Anode dient, und einer Kathode eine elektrische Entladung (Lichtbogen) erzeugt. In der Düse fließt der Treibstoff, typischerweise Ammoniak oder Hydrazin, der durch den Lichtbogen stark aufgeheizt wird. Der Schub wird also nur durch den thermischen Effekt der Expansion erzeugt und nicht durch elektrische oder magnetische Felder. Bei Gitterionenantrieben (RIT) hingegen findet der Ionisierungsprozess des Treibstoffs getrennt vom Ionenbeschleunigungsprozess ab. Die erzeugten positiv geladenen Ionen werden durch ein System aus zwei Gittern extrahiert. Durch die Potenzialdifferenz zwischen dem ersten und dem zweiten Gitter werden die Ionen auf ihre endgültige Energie beschleunigt, was einen Schub erzeugt. Diese Ionentriebwerke emittieren also einen Strahl positiv geladener Ionen. Um zu verhindern, dass sich das Raumfahrzeug auflädt, wird in der Nähe des Triebwerks eine weitere Kathode angebracht, die Elektronen in den Ionenstrahl abgibt, so dass der Treibstoff elektrisch neutral bleibt. Dadurch wird verhindert, dass der Ionenstrahl vom Raumfahrzeug angezogen wird, was den Schub aufheben würde.

Sogenannte Hall-Effekt-Antriebe auch „Stationary Plasma Thruster“ (SPT) genannt, beschleunigen Ionen durch ein elektrisches Potenzial zwischen einer zylindrischen Anode und einem negativ geladenen Plasma, das die Kathode bildet. Der Großteil des Treibstoffs (in der Regel Xenon) wird in der Nähe der Anode eingeleitet, wo er ionisiert und zur Kathode fließt. Die Ionen beschleunigen auf diese zu und durch sie hindurch, wobei sie beim Austritt Elektronen aufnehmen, um den Strahl zu neutralisieren und das Triebwerk mit hoher Geschwindigkeit zu verlassen. Hier finden also der Ionisierungsprozess des Treibstoffs gleichzeitig mit dem Ionenbeschleunigungsprozess statt.

Magnetoplasmadynamische Antriebe (MPD) bestehen aus einer trichterförmigen Anode, in deren Mitte eine stabförmige Kathode angebracht ist. Durch Anlegen einer elektrischen Spannung zwischen den beiden Elektroden, wird der Treibstoff (Argon, Lithium oder Wasserstoff) im Trichter ionisiert und erlaubt so einen Stromfluss radial durch das Gas zur Kathode. Durch den Stromfluss wird nun ein starkes Magnetfeld erzeugt. Die Wechselwirkung zwischen dem elektrisch erzeugten Magnetfeld um die Brennkammer und der ionisierten Stützmasse beschleunigt diese in axialer Richtung und lässt sie mit sehr hoher Geschwindigkeit entweichen. Durch den dabei wirksamen Impuls entsteht die Schubkraft.

Am weitesten fortgeschritten ist derzeit die Entwicklung der thermischen Lichtbogentriebwerke, der Gitterionentriebwerke und des Hall-Effekt-Antriebs. Alle drei Typen können mittlerweile Einsätze auf Satelliten vorweisen.

Große Beachtung erfuhr der Ionenantrieb im Jahre 2002, als der Kommunikationssatellit Artemis in einem zu niedrigen Orbit abgesetzt wurde und seine finale Position im geostationären Orbit erst durch monatelange Verwendung der Ionentriebwerke erreiche konnte.

Alle großen Raumfahrtagenturen besitzen eigenständige Programme zur Entwicklung und Etablierung von elektrischen Antriebssystemen, sodass die koordinierte Weiterführung der Entwicklung sichergestellt ist.

Dieser Trend-NEWSletter-Artikel wurde im Februar 2022 veröffentlicht.

Anmeldung Newsletter Corporate Technology Foresight

Ab 2017 versenden wir regelmäßig weitere Texte zu neuen Technologien per Newsletter. Zur Anmeldung für den Newsletter füllen Sie bitte das folgende Formular aus und klicken Sie auf "Anmelden".