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Femto-Satelliten

Dank der rasanten Fortschritte in der Halbleiterindustrie ist es heute möglich, die meisten Funktionen (z. B. Lageregelung, Sensorik & Aktorik, Thermal- oder Datenmanagement) eines herkömmlichen Raumfahrzeugs auf die Größe eines Chipformats zu integrieren. Im Hinblick auf die Kostenreduzierung von Raketenstarts, führt dies dazu, dass Satelliten zunehmend kleiner werden. Eine Entwicklungsrichtung in der Raumfahrt („spacecraft on a chip“) zielt dabei auf die immer stärkere Einführung von ultrakleinen Satelliten im Miniaturmaßstab ab. Zu dieser Kategorie zählen auch sogenannte Femto-Satelliten (auch Chipsats oder Sprites (engl. Elfen) genannt), deren Abmaße nur wenige Zentimeter betragen und eine Masse von 10-100 g aufweisen.

Femto-Satelliten verfügen heute noch nicht über die Fähigkeiten, komplett eigenständig im All zu operieren und mit Einrichtungen auf der Erde oder mit anderen Objekten über größere Entfernungen direkt zu kommunizieren. Hierfür bedarf es in näherer Zukunft noch weiterer Entwicklungsfortschritte auf den Gebieten der (Mikro-)Antriebstechnologien sowie der Navigations- und Kommunikationstechnologien. Ihr Haupteinsatzzweck besteht zurzeit darin, einen Schwarm zu bilden, und so kurzlebige Erkundungs- und Messtätigkeiten (z. B. Vermessung von Atmosphärenschichten oder Magnetfeldern) um einen nahegelegenen größeren „Wirt“-Satelliten durchzuführen. Dafür werden sie zusammen mit dem Hauptsatelliten an den Missionsort transportiert und in seiner näheren Umgebung ausgestreut. Aufgrund der kurzen Lebensdauer und ihrer hohen Anzahl (>1000) basiert der Entwurf weitgehend auf COTS-Komponenten. Ein wesentlicher Vorteil von Satellitenschwärmen gegenüber einzelnen, größeren Satelliten ist die erhebliche Reduzierung des Ausfallrisikos des Gesamtsystems. Wenn einzelne Satelliten ausfallen, wird die Einsatzmission, aufgrund der redundanten Architektur des Satellitenschwarms, nicht gefährdet.

Ausgestattet mit verschiedenen Sensoren und einem Nahbereichskommunikationssystem kann ein Schwarm von Femto-Satelliten ein lokales Netzwerk aus mehreren Messpunkten aufspannen, wodurch sich Messungen mit zeitlicher und räumlicher Auflösung ermöglichen lassen. Eine potentielle Anwendung stellt beispielsweise die Vermessung der Mesosphäre dar. Hierbei handelt es sich um einen Teil der Atmosphäre, welcher für Flugzeuge und Ballons zu hoch, für herkömmliche Satelliten aber zu niedrig ist. Die Generierung solcher Messdaten kann zum besseren Verständnis und zur Vorhersage von atmosphärischen und erdklimatischen Vorgängen beitragen. Nach Beendigung der Mission verglüht der Satellitenschwarm durch Wiedereintritt in die Atmosphäre.

Langfristig werden auch Anwendungsmöglichkeiten außerhalb der Erdumlaufbahn gesehen. So stellen Schwärme von Femto-Satelliten eine kostengünstige Möglichkeit dar, Kommunikations- und Datenerfassungsinstrumente im Umfeld fremder Himmelskörper (z. B. Mond oder Mars) zu errichten oder Messungen in der Nähe von Asteroiden durchzuführen. Eine offene Fragestellung bei Einsatzszenarien außerhalb des erdnahen Orbits (Low-Earth Orbit) bildet die Herausforderung, dass es aufgrund der begrenzten Signalkapazität von Kleinstsatelliten mit zunehmender Entfernung immer schwieriger wird die Position solch winziger Objekte zu bestimmen. Ebenfalls zu klären ist die Entsorgungsfrage, da im Hinblick auf die steigende Achtsamkeit gegenüber den Gefahren von Weltraumschrott, ein Verbrennen durch Wiedereintritt im Deep Space oder in Umlaufbahnen anderer Himmelskörper nicht gewährleistet ist.

Die Substituierung großer, monolithischer Einzelsatelliten durch verteilte Satellitensysteme, macht den Einsatz von Methoden der Massenfertigung wirtschaftlich sinnvoll. Insbesondere bei Femto-Satelliten treten kosteneffiziente Herstellungsverfahren sowie die Nutzung verschiedener Skaleneffekte in der Produktion zunehmend in den Vordergrund. Ebenso lassen sich dadurch auch Entwicklungs- und Testzeiten erheblich senken, sodass Entwicklung und Produktion schnell und kostengünstig erfolgen können. Die eröffnet auch Forschungseinrichtungen, (Privat-)Unternehmen oder Ländern ohne institutionelle Raumfahrteinrichtungen Zugang zur Durchführung von Aktivitäten im All. In Kombination mit kostengünstigen Mikrolaunchern und schnellen Startmöglichkeiten ermöglicht der Einsatz von Femto-Satelliten die Fähigkeit sich flexibel auf verändernde Rahmen- bzw. Einsatzbedingungen anzupassen und ebnet einen neuen Markt für Weltraummissionen mit kurzen Reaktionszeiten („Responsive Space“).

Dieser Trend-NEWSletter-Artikel wurde im September 2022 veröffentlicht.

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