Mikrooptiken
Mikrooptiken sind eine der wichtigsten Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Sie sind miniaturisierte (Glas-)Optiken in Millimeter-Größe und somit ein wesentlicher Bestandteil vieler Produkte – wann immer Licht geformt, fokussiert, kollimiert oder ausgerichtet werden muss. In vielen Fällen erfordern mobile Anwendungen, einschließlich der Verkleinerung von Produkten, hochkomplexe optische Oberflächen, die in optischen Systemen Platz und Gewicht sparen können.
Solche Optiken können mittlerweile durch Präzisionsblankpressen (Precision Glass Molding PGM) hergestellt werden, d. h. ein optisches Element aus Glas wird in seine gewünschte Form gepresst. Ein Glasrohling wird zusammen mit dem Werkzeug auf eine Temperatur zwischen Transformationstemperatur und Erweichungstemperatur erhitzt und durch das Werkzeug mit einer vorher definierten Kraft zu einer Linse gepresst. Das Glas nimmt dabei die Form der Werkzeuge an. Werkzeug und Glas werden daraufhin wieder gemeinsam abgekühlt und der Prozess kann von neuem beginnen. Die Optik benötigt keine weiteren Prozessschritte zur Finalisierung ihrer Oberfläche. Im Vergleich zu herkömmlichen Methoden zur Herstellung von Glasoptiken, bei denen der Rohling mehrfach geschliffen und poliert werden muss, sind beim Präzisionsblankpressprozess solche zeitaufwändigen materialabtragenden Prozessschritte nicht notwendig. Damit ist PGM eine sehr effektive Fertigungsmethode für optische Linsen in Serienherstellung.
Ein weiterer Vorteil des Präzisionsblankpressens ist, dass es sowohl große geometrische Freiheiten bietet, als auch hohe Formgenauigkeiten und hervorragende Oberflächenqualitäten. Dadurch können sogar Linsen gefertigt werden, die mit traditionellen Verfahren gar nicht herzustellen sind.
Im letzten Jahrzehnt hat zudem die additive Fertigung rasant an Bedeutung gewonnen. Durch die schichtweise Verbindung von formlosen Materialien, wie z. B. Pulvern, Pasten oder Bindemitteln, können komplexe dreidimensionale Gegenstände erstellt werden. Was für Kunststoffe und viele Metalle längst gängige Praxis ist, hat sich für Glas als schwieriges Unterfangen erwiesen. Glas lässt sich nicht ohne Weiteres als selbsthärtende Paste oder in flüssiger Form auf eine Oberfläche sprühen und mit einem Laserstrahl lithographisch modellieren. Zwar gab es in der Vergangenheit immer wieder Ansätze, Glas in Pulverform oder im geschmolzenen Zustand zu drucken. Das führte aber meist dazu, dass es porös wurde und sich eintrübte und damit unbrauchbar wurde. Glas wurde mittlerweile trotz des hohen Schmelzpunkts und seiner besonderen Materialeigenschaften für die additive Fertigung nutzbar gemacht. Dadurch eröffnen sich für das Design und die Strukturierung von Glas, also auch Mikrooptiken, völlig neue Möglichkeiten.
Das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC kann beispielsweise mittels Zwei-Photonen-Polymerisation Freiform-Mikrolinsen sowie Mikrolinsen-Arrays in großem Maßstab und auf fast jedem Substrat herstellen. Die gewünschte Oberflächenfunktion kann ähnlich wie beim 3D-Druck erzeugt werden, sogar im Mikrometerbereich. Dabei belichtet ein Laserstrahl ein photosensitives Material, um dieses im Fokus auszuhärten und so Schicht für Schicht Mikrostrukturen herzustellen.
Am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF wird mit dem Tintenstrahldruck ein neues additives Herstellungsverfahren von dreidimensionalen Mikro- und Makrooptiken untersucht. Die Optiken werden dabei aus einem organisch-anorganischen Hybridpolymer gefertigt. Dieses Material ist im gesamten visuellen Spektralbereich hochtransparent und lässt sich genauso flexibel verarbeiten wie konventionelle organische Polymere. Das Anwendungspotenzial des Verfahrens liegt im Rapid-Prototyping von Optiken und der Herstellung hochindividualisierter Komponenten mit kleinen Losgrößen.
Neben diesen sehr neuen Ansätzen ist durch die breite Verwendbarkeit von Mikrooptiken auch weiterhin mit Innovationen und Fortschritten, insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeiten der additiven Fertigung, zu rechnen. Dabei sind sowohl klassische Glaswerkstoffe als auch neuartige Polymere von Interesse.