Quantenradar
Unter einem Quantenradar versteht man das Konzept eines radarähnlichen Detektionssystems im Mikrowellenbereich, bei welchem sender- und typischerweise auch empfängerseitig Eigenschaften der Quantenphysik eingesetzt werden, um die grundsätzlichen, durch die klassische Physik vorgegebenen Leistungsgrenzen von herkömmlichen Radarsystemen zu überwinden. Wie auch bei den meisten anderen Quantentechnologien wird dabei die sogenannte Quantenverschränkung ausgenutzt: in der Quantenphysik können zwei oder mehrere Teilchen oder andere Quantensysteme Teil eines gemeinsamen Quantenzustands sein, auch wenn die Teilchen oder Teilsysteme räumlich sehr weit voneinander entfernt sind. Sie sind dann in ihren Eigenschaften verschränkt, also auf „geheimnisvolle“ Art und Weise verbunden, was sich bei einer Messung an den Teilchen in starken Korrelationen der Messergebnisse äußert (d. h. es treten bei beiden Teilchen entweder genau immer die gleichen oder eben immer genau nicht die gleichen Messergebnisse auf).
Heutzutage wird vor allem ein auf der sogenannten Quantenbeleuchtung (engl. Quantum Illumination) basierendes Verfahren untersucht. Bei solchen Quantenbeleuchtungsradaren arbeitet man mit Quantenzuständen, welche aus zwei untereinander verschränkten Mikrowellensignalen bestehen, wobei hier jeweils ein Photon des einen Signals mit einem Photon aus dem anderen Signal verschränkt ist. Diese Zustände entstehen in einem nicht linearen Prozess, durch welchen kontinuierlich jeweils ein von außen zugeführtes Pump-Photon in ein Paar untereinander verschränkter Photonen niedrigerer Energie zerfällt. Von diesen beiden Signalen wird das eine als Radarsignal abgestrahlt, während das andere als Referenz im Radargerät verbleibt, wo es mithilfe eines Quantenspeichers, wie z. B. einer Quantenverzögerungsleitung, zurückgehalten wird. Mithilfe einer gemeinsamen Quantenmessung der aus der Zielregion empfangenen Strahlung und der zurückgehaltenen Referenzphotonen können eventuell von einem Ziel reflektierte Signalphotonen dank der Verschränkung aus dem starken Rauschen am Empfänger herausgefiltert werden.
Radarziele können so grundsätzlich deutlich besser detektiert werden, als es mit klassischen Radarverfahren möglich ist. Solche Quantenbeleuchtungsradare senden außerdem extrem schwache, rauschartige Signale aus, die aus Sicht eines anderen Empfängers, der nicht über das Referenzsignal verfügt, im Hintergrundrauschen verschwinden. Solche Systeme können deshalb selbst kaum erkannt und praktisch nicht gestört werden und sind daher besonders aus der militärischen Perspektive interessant. Sie könnten jedoch zukünftig auch im zivilen Bereich bei vielen der heutigen Radaranwendungen zum Einsatz kommen. Wichtige Vorteile sind z. B., dass aufgrund der extrem geringen Sendeleistung elektromagnetische Immissionen, d. h. negative Einwirkung auf Menschen und Umwelt, praktisch ausgeschlossen werden können und dass solche Quantenradare sich und andere Radar- und Kommunikationssysteme nicht gegenseitig stören, auch wenn sie denselben Frequenzbereich nutzen.
Obwohl sich die Forschung hier in den letzten ca. vier Jahren deutlich beschleunigt hat, ist Quantenradar sowohl theoretisch wie vor allem auch experimentell noch auf einem sehr frühen, teilweise konzeptionellen Forschungs- bzw. Entwicklungsstand. Bisher wurde lediglich das Grundprinzip der Objektdetektion mit einem Quantenbeleuchtungssystem im Mikrowellenbereich im Labormaßstab demonstriert. Solche Systeme werden somit wohl erst langfristig bis sehr langfristig zur Verfügung stehen.