Wieso, weshalb, warum analysieren wir Patente?
Den Prozess der Technologiefrühaufklärung mittels daten-gestützter Verfahren nennt man Data Driven Foresight. Mit dem KATI-System steht den Wissenschaftler*innen am Fraunhofer INT seit einigen Jahren ein System zur Verfügung, welches diesen Ansatz praktisch umsetzt. Basis dafür sind Publikationsdaten. In der entsprechenden wissenschaftlichen Literatur werden Patente als eine weitere wichtige Datenquelle für die Technologiefrühaufklärung und das Innovationsmanagement genannt. Auch unser Kundenkreis fragt immer wieder nach entsprechenden Analysen. Doch was genau erhofft man sich von Patentanalysen? Welche Fragen und Use Cases sollen adressiert werden? Und wie integriert man Patente in das am Fraunhofer INT entwickelte KATI-System? Diesen Fragen wollen wir in diesem Bericht nachgehen.
Warum wir Patente analysieren
Patente sind eine vielversprechende Datenquellen, weil sie Technologien in der Praxis beleuchten: gibt es konkrete Anwendungsideen zu einer Technologie, so kann es auch Patente geben. Darüber hinaus, lassen sich wichtige Erkenntnisse über die Forschung in Unternehmen ziehen. Konkreter lassen sich zum Beispiel die Marktführer einer Technologie identifizieren und es lässt sich annähern, wieviel Erfahrung ein Unternehmen in einem Gebiet hat. Auch über die Reife einer Technologie lassen sich mit Hilfe von Patentanalysen fundierte Aussagen treffen. Diese und andere Use Cases wurden in diversen Projekten, Workshops und Gesprächen mit Kund*innen und Kolleg*innen identifiziert und geschärft. Flankiert wurde dies von einer intensiven Literaturrecherche im Rahmen eines Promotionsprojektes – natürlich unter Verwendung des hauseigenen KATI-Systems.
Wie wir mit Patentdaten umgehen
Um Patentanalysen durchführen zu können, müssen die Daten zunächst einmal in einer Weise aufbereitet werden, dass man sie verarbeiten und analysieren kann. Zu diesem Zweck wurde die bestehende Architektur des KATI-Systems um Daten und Analysemöglichkeiten für Patente erweitert. Auf den ersten Blick mögen Publikationen und Patente recht ähnlich sein. In beiden wird wissenschaftlichtechnologisches Wissen dargestellt, sie besitzen eine Zusammenfassung und es gibt so etwas wie einen Verfasser oder eine Verfasserin. Schaut man jedoch genauer hin, so fallen einige dezidierte Unterschiede auf, die man im Datenmodell berücksichtigen muss. Zusätzlich zu einer Gruppe von Autoren und Autorinnen (bzw. Erfinder*innen) weisen Patente beispielsweise auch deren Besitzer*innen, manchmal Privatpersonen, oft Unternehmen oder Universitäten, aus. Außerdem gibt es statt nur eines Publikationsdatums mehrere Daten (sogenannte Events), wie das Antragsdatum oder das voraussichtliche Ablaufdatum, welche ein Patent kennzeichnen und in der Datenbank gespeichert werden müssen.
Die Patentdaten wurden, wie schon die wissenschaftlichen Publikationen, in einer Graphdatenbank abgelegt. Diese erleichtert die Verknüpfung von Patenten mit dessen Metadaten, wie Erfinder*in oder Anmeldedatum, verschiedenen Institutionen und sogar anderen Patenten. Dabei wurde die Ontologie, also das zugrundeliegende netzförmige Schema mit den Verbindungen aller Daten untereinander, entsprechend abgeändert. Dabei müssen auch in diesem Fall die Sauberkeit und die Aktualität der Daten berücksichtigt werden, denn alte und unsaubere Daten liefern weniger aussagekräftigen Analysen. Um das zu vermeiden, wird ein regelmäßiges Update der Daten durchgeführt.
Wie wir Patentanalysen bereitstellen
Schließlich wurde das User Interface, also die Benutzeroberfläche, angepasst: die Suchseite wurde auf Patente zugeschnitten und die Analysen mit Blick auf die neuen Daten angepasst, geprüft und überarbeitet. Besonders letztere werden auch in den nächsten Jahren stetig weiterentwickelt und optimiert werden, mit dem Ziel das Beste aus den Daten herauszuholen und fundierte Erkenntnisse für die Technologiefrühaufklärung zu schaffen. Die Basis hierfür bilden die diversen Use Cases, die bereits identifiziert wurden und die nach und nach adressiert und umgesetzt werden. Dies erfolgt auch weiterhin im engen Austausch mit unserem Kollegium in den verschiedenen Geschäftsfeldern und deren Kunden. Auf diese Weise erweitern wir das Methodenportfolio des Fraunhofer INT nachhaltig und zukunftsweisend um einen weiteren wichtigen Baustein.