Autorin: Dr. Monika Risse
Natürlich vorkommende Radioaktivität ist allgegenwärtig, außerdem finden künstliche Strahlenquellen einen großen Einsatz z. B. in der Medizin. Radioaktivität kann für den Mensch schädlich sein, allerdings fehlt uns ein Sinnesorgan für deren Nachweis. Der Mensch ist daher in Situationen mit nuklearen oder radiologischen Stoffen auf Messgeräte angewiesen. Die Kernaufgaben solcher Geräte sind dabei: Überwachen, Aufspüren und Identifizieren.
Hierfür müssen die Messgeräte je nach Einsatzszenario unterschiedliche Anforderungen erfüllen, weswegen es eine Vielzahl unterschiedlicher Geräte gibt. Zum Einsatz kommen dabei unterschiedliche Geräteklassen, so z. B. alarmgebende persönliche Strahlungsmessgeräte (PRD) und Handgeräte für den Nachweis und die Identifizierung von Radionukliden (RIID). Eine Klasse dazwischen stellen die spektroskopischen alarmgebenden persönlichen Strahlungsdetektoren (SPRD) dar. Denkt man z. B. an das Szenario eines Fundes einer Strahlenquelle unbekannter Herkunft, ist eine gemeinsame Anforderung an alle Messsysteme, verlässliche Ergebnisse innerhalb einer kurzen Zeit zu liefern. Für die Bewertung der Messergebnisse ist es wichtig, einschätzen zu können, wie vertrauenswürdig die vom Gerät angezeigten Ergebnisse sind. Dabei können Qualifizierungsmessungen nach bestehenden, festgelegten Testverfahren Aussagen über die Ergebnisqualität liefern. Die Ergebnisse der durchgeführten Prüfungen lassen Anwender und Hersteller erkennen, wie zuverlässig ein Messgerät Strahlenquellen erkennen, lokalisieren oder identifizieren kann. Auch ist es unabdingbar, sich vor der Nutzung umfänglich mit dem Gerät vertraut zu machen und mit Strahlenquellen zu üben.
Ein Messgerät, welches auf dem Markt für diese Aufgaben erhältlich ist, ist das D3S der Firma Kromek. In diesem Beitrag werden Testergebnisse vorgestellt, welche mittels der Testeinrichtung QuTeSt (Qualifizierungs-Testsystem für Strahlenmessgeräte) des Geschäftsfelds Nukleare Sicherheitspolitik und Detektionsverfahren (NSD) gewonnen wurden und die der Beurteilung der Leistungsfähigkeit dienen. Das D3S kann sowohl als PRD als auch als RIID genutzt werden. Für diese Geräteklassen existieren verschiedene Messvorschriften auf Grundlage derer getestet werden kann. Langjährige Erfahrung in der Geräteprüfung führt zu weiteren, darüberhinausgehenden Tests, welche ein noch detaillierteres Bild über die Zuverlässigkeit eines Gerätes liefern.
Qualifizierungstests werden im Hinblick auf verschiedene Funktionsbereiche durchgeführt, z. B. in Bezug auf Fehlalarme und Falschidentifikationen, die generelle Auslösung eines Alarms, die Genauigkeit der Photonenmessergebnisse, die Dauer bis zum Auslösen des Alarms, die Reaktion des Messgerätes oberhalb des herstellerseitig angegebenen Messbereiches oder auch im Hinblick auf das Ansprechverhalten eines Neutronendetektors auf Gammastrahlung. So zeigte sich z. B. die Neutronenkomponente des D3S unempfindlich gegenüber dem Einfluss einer sehr starken Gammaquelle; es wurde kein Neutronenalarm ausgelöst. Die wichtigsten Messvorschriften für diese Qualifizierungstests sind die des Amerikanischen Nationalen Standard-Instituts (ANSI) und der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) sowie die auf ihrer Grundlage im Rahmen des EU-Forschungsprojekts Illicit Trafficking Radiation Detection Assessment Program + 10 (ITRAP+10) entwickelten Vorschriften.
Das D3S besteht aus zwei Komponenten: dem Detektorteil (siehe Abbildung Messaufbau), welcher einen Cäsiumiodid Gammadetektor und eine lithiumbasierte Neutronenkomponente beinhaltet und einem per Bluetooth gekoppelten Smartphone als Datenverarbeitungs- und Anzeigeeinheit. Der Detektorteil hat die Form eines Smartphones und ermöglicht es Einsatzkräften ihn am Körper mitzuführen. Die Messergebnisse werden akustisch, optisch und per Vibrationsalarm am Smartphone ausgegeben. Es wurden Tests an zwei D3S Geräten unterschiedlicher Generationen durchgeführt; einem D3S aus dem Jahr 2016 (D3S-alt), an welchem sehr umfangreiche Tests durchgeführt wurden, und einem D3S aus dem Jahr 2019 (D3S-neu). Ursprünglich hatte das D3S-alt die Firmware-Version 3.31, inzwischen haben beide Geräte einheitlich die Firmware 3.77. Somit ist sowohl ein Vergleich zwischen zwei unterschiedlichen Hardware-Versionen (2016 und 2019) als auch zwischen zwei unterschiedlichen Firmware-Versionen möglich. Die aktuellere Firmware-Version zeichnet sich insbesondere durch einige Änderungen in Bezug auf die Bestimmung der Dosisleistung aus. Die Betrachtung des Einflusses der Firmware auf die Messergebnisse ist insbesondere deshalb interessant, da Messsysteme immer als Ganzes betrachtet werden müssen. Ein gutes Detektormaterial allein ist noch kein Garant für ein zuverlässiges und gutes Messergebnis, und eine sehr gute Auswerteroutine kann auch mit dem Spektrum eines weniger hochauflösenden oder effizienten Detektormaterials ein recht gutes Ergebnis liefern. Auch können Gerätecharakteristika nicht einzeln unabhängig voneinander betrachtet werden. So wirken sich z. B. Ungenauigkeiten der Photonenmessergebnisse auf Identifikationsergebnisse und auch auf das Verhalten des Messgerätes oberhalb des herstellerseitig angegebenen Messbereiches aus. Auch ist es wichtig, die Tests über den gesamten Gammaenergiebereich und für verschiedene Dosisleistungen durchzuführen.
In Bezug auf die Genauigkeit von Dosisleistungsmessungen ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dieser Geräteklasse nicht um geeichte Strahlenmessgeräte handelt; sie werden nicht im Strahlenschutz eingesetzt, sodass die Messvorschriften somit für die Genauigkeit im Allgemeinen eine größere Toleranz vorsehen. Die Tabelle zeigt eine Übersicht der Anforderungen an RIID Geräte in den unterschiedlichen Messvorschriften. Während die ANSI Messvorschrift einen Test mit nur einem Isotop vorsieht, wird bei IEC und ITRAP+10 mit zwei weiteren Isotopen ein deutlich größerer Energiebereich abgedeckt. Die Richtigkeit der Dosisleistungsmessergebnisse soll bis zu dem vom Hersteller angegebenen Maximum getestet werden. Das Maximum für das D3S beträgt laut Hersteller-Produktinformation 15 μSv/h für das Gerät von 2016 und 20 μSv/h für das Gerät von 2019.
Bei den Tests werden die wahren Dosisleistungen mithilfe eines geeichten Referenzgerätes bestimmt und die gemessenen Werte damit verglichen. Die Ergebnisse der Messungen für 137Cs sind im Diagramm dargestellt; es handelt sich bei den eingetragenen Messwerten um Mittelwerte von 30 unabhängigen Einzelmessungen. Die Ergebnisse des alten und neuen D3S mit der gleichen, neuen Firmware stimmen sehr gut überein. Die Ergebnisse mit der alten Firmware weichen jedoch deutlich davon ab. So beträgt die Abweichung bei 5 μSv/h über 100 % und außer dem Wert für 100 μSv/h liegen alle erhaltenen Messwerte außerhalb des zulässigen Toleranzbereichs. Auffällig ist, dass mit der neuen Firmware die Übereinstimmung im Bereich unterhalb von 20 μSv/h sehr gut ist und innerhalb der bei ANSI vorgeschriebenen ± 10 % liegt. Somit würde das Gerät den Test nach ANSI für RIID-Geräte bestehen. Allerdings beträgt die Abweichung bei 100 μSv/h mehr als 50 %. Es wird ein deutlich zu geringer Wert angezeigt, was zu einer signifikant falschen Risikoeinschätzung der Situation im Einsatz führen kann. In Bezug auf die IEC und ITRAP+10 Messvorschriften besteht das Gerät in keiner Konstellation die Tests.
Nicht zuletzt zum Schutz der Einsatzkräfte ist es vor dem Einsatz eines Strahlenmessgerätes also notwendig dessen Leistungsfähigkeit zu kennen. Hierzu dienen Ergebnisse unabhängiger Labore die nach internationalen Messvorschriften Tests durchführen und bewerten. Durch das QuTeSt System ist auch das Fraunhofer INT in der Lage derartige Tests durchzuführen.