Hochenergetische Teilchen, die auf Materie treffen, übertragen ihre Energie in ionisierenden und nicht-ionisierenden Prozessen (non-ionizing energy loss, NIEL). Bei geladenen Teilchen überwiegt der ionisierende Energieverlust, der für die Erzeugung von Elektronen-Loch-Paaren verantwortlich ist. Massebehaftete Teilchen übertragen zusätzlich Impuls auf die Atome im Festkörper, wodurch Atome im Kristallgitter versetzt werden können. Herausgeschlagenen Atome hinterlassen Leerstellen im Gitter und können sich auf Zwischengitterplätzen niederlassen. Oftmals ist die Energie der einfallenden Teilchen groß genug, um mehrere Atome aus dem Gitter herauszuschlagen. Die herausgeschlagenen Atome haben ihrerseits genug Energie, um auf ihrem Weg durch den Kristall weitere Atome herauszuschlagen. Auf diese Weise entsteht eine Anhäufung von Versetzungs-Defekten (Displacement Damage). Versetzungs-Defekte werden überwiegend durch Protonen, Neutronen, Elektronen und schwere Ionen erzeugt. In Weltraum sind Protonen die Haupterzeuger von Versetzungs-Defekten.
Defekte in der Periodizität der Kristallstruktur erzeugen neue Energieniveaus in der Bandlücke eines Halbleiters, wodurch sich die optischen und elektrischen Eigenschaften des Materials ändern. Diese zusätzlichen Energieniveaus sind verantwortlich für eine Reihe von Effekten: (i) Erzeugung von Elektronen-Loch-Paaren, was den Leckstrom erhöht, (ii) Rekombinationszentren für Elektronen-Loch-Paare, was die Verstärkung von bipolaren Transistoren vermindert, (iii) zwischenzeitliches Einfangen von Elektronen, was die charge-transfer efficiency in CCDs reduziert, (iv) Wirken als Donatoren oder Akzeptoren, was die Ladungsträgerkonzentration und die damit verbundenen Eigenschaften verändert, (v) Fungieren als Zwischenenergieniveaus und erlauben Elektronen durch Barrieren zu tunneln, was zu Erhöhung des Sperrstromes an pn-Übergängen führt, (vi) Streuzentren für Ladungsträger, was deren Mobilität verringert1.
1 J.R. Sour et al, IEEE Transactions on Nuclear Science, Vol. 50, No. 3, 653 (2003)