Autorin: Maike Vollmer
Die Bewältigung von Krisen, verursacht z. B. durch Naturgefahren, Industrieunfälle oder Terroranschläge, erfordert die Zusammenarbeit verschiedener Organisationen, die sich oftmals in ihrer Struktur, den Arbeitsabläufen, verwendeten Begrifflichkeiten oder technischen Hilfsmitteln unterscheiden. Erstreckt sich das Krisenmanagement über nationale Grenzen hinweg, kommen u. a. unterschiedliche Gesetzeslagen und Sprachbarrieren hinzu. Diese Unterschiede stehen einer effizienten Zusammenarbeit im Krisenfall entgegen.
Hier setzt das EU-Projekt STRATEGY (Facilitating EU pre-Standardization process Through stReamlining and vAlidating inTeroperability in systems and procedures involved in the crisis manaGement cYcle) an: Ziel von STRATEGY ist die Erhöhung der Resilienz der EU gegenüber verschiedenen Arten von Katastrophen durch eine verstärkte Interoperabilität von Systemen und Arbeitsabläufen im grenzüberschreitenden Krisenmanagement. Eine wesentliche Rolle spielen hierbei europaweite Standardisierungsprozesse. Deshalb wird in STRATEGY mit 23 Partnern aus 14 EU-Mitgliedsstaaten, darunter Unternehmen, RTOs (wie Fraunhofer), Anwenderorganisationen (wie Feuerwehr, Rettungswesen, Polizei) sowie nationalen Standardisierungsorganisationen aus fünf verschiedenen Ländern eine pan-europäische Struktur für vornormative Aktivitäten geschaffen. Das Projekt startete im September 2020 und läuft über drei Jahre.
Basierend auf vorangegangenen Analysen, unter anderem aus EU-Projekten wie dem Projekt ResiStand, an dem das Fraunhofer INT ebenfalls maßgeblich beteiligt war, werden in STRATEGY acht Themengebiete adressiert: Such- und Rettungsaktionen, Kritische Infrastrukturen, Notfallplanung, Führung und Steuerung, Frühwarnung, Training, Terminologie und – als besonderer Gefahrentyp – die Bedrohung durch chemische, biologische, radioaktive, nukleare oder explosive Gefahrenstoffe (CBRNE). Dadurch sollen auch Initiativen der European Defence Agency (EDA) im CBRNE-Bereich unterstützt werden.
Bereits existierende, sich derzeit entwickelnde, aber auch ganz neue mögliche Standards werden ausgewählt, getestet, ggf. angepasst und implementiert. Dafür werden technische Hilfsmittel, Systeme oder Prozesse, die als Standard etabliert werden könnten, in „Use cases“ (d. h. in spezifischen Kontexten, in denen sie angewendet werden sollen) integriert. In mehreren simulierten Planübungen sowie einer großen Feldübung werden dann die verschiedenen anvisierten Standards getestet und evaluiert. Im Laufe des Projekts werden Projektpartner aktiv an allen Stufen eines Standardisierungsprozesses teilnehmen, von den vornormativen Aktivitäten bis hin zu konkreter Standardisierungsarbeit.
Das Fraunhofer INT arbeitet abteilungsübergreifend an STRATEGY mit. Das Geschäftsfeld „Öffentliche Technologie- und Innovationsplanung TIP“ leitet das größte Arbeitspaket des Projekts, in dem u. a. die Szenarien und „Use cases“ definiert, und die simulierten Planübungen durchgeführt werden. Des Weiteren koordiniert TIP die Arbeiten im Themenbereich Terminologie, sowie zu politischen und organisatorischen Rahmenbedingungen, zur Evaluation der potenziellen Standardisierungsgegenstände, zu abschließenden Empfehlungen sowie einer Roadmap für zukünftige Standards im Krisenmanagement. Das Geschäftsfeld „Nukleare Sicherheitspolitik und Detektionsverfahren NSD“ trägt in STRATEGY mit seiner Expertise im Bereich radioaktiver und nuklearer Gefahren zu den Aktivitäten bzgl. des Gefahrentyps CBRNE bei.