Autor: Dr. Matthias Grüne
Über zukünftige Technologien und ihre mögliche Bedeutung für die Bundeswehr wird in unterschiedlichen Organisationsbereichen und Institutionen der Ressortforschung des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) nachgedacht. 2017 wurde das Geschäftsfeld Wehrtechnische Zukunftsanalyse (WZA) des Fraunhofer INT beauftragt, einen Prozess zu entwerfen, der das so gewonnene Zukunftswissen zusammenführt und zu einem einheitlichen Lagebild der ferneren technologischen Zukunft für die Bundeswehr kondensiert. Der im gleichen Zeitraum neu organisierte Gesamtüberblick über die Forschung und Technologie (F&T) des BMVg sollte so durch einen weiter in die Zukunft gerichteten Blick auf den „Technology-Push“ ergänzt werden. Gleichzeitig sollte eine übergreifende F&T-Vorausschau-Community des gesamten Geschäftsbereichs BMVg auf einer regelmäßigen Plattform für Austausch, Diskussion und Erarbeitung eines gemeinsamen Zukunftsbildes zusammengeführt werden.
Das Fraunhofer INT entwickelte daraufhin einen Prozess der einheitlichen Beschreibung, Charakterisierung und Bewertung von Zukunftstrends und Forschungsthemen mit anschließender Informationsverdichtung zu einem übergreifenden Lagebild für die Leitung des BMVg. Zentrales Element dieses Prozesses ist die seit 2018 jährlich stattfindende F&T-Zukunftslagekonferenz. Die Ergebnisse der Konferenz werden vom Fraunhofer INT in der kompakten Visualisierung eines „F&T-Zukunftslage-Dashboards“ verdichtet und so jährlich dem 2017 auf Staatssekretärsebene eingerichteten F&T-Steuerungsboard vorgestellt. Dies ist mittlerweile als regulärer Prozessschritt in der F&T-Planung des BMVg verankert.
Der Forschungsdirektor des BMVg, Ministerialdirigent Ralf Schnurr, übernahm persönlich die Leitung und Moderation aller drei bisher stattgefundenen und vom Fraunhofer INT ausgerichteten Konferenzen. Der Teilnehmerkreis wurde 2020 erneut erweitert, indem auch die Kommandoebene der Streitkräfte, die Wehrtechnischen Dienststellen sowie Vertreter der einzelnen verteidigungsbezogenen Forschungsinstitute als Diskussionsteilnehmer eingeladen wurden. Damit besuchten insgesamt etwa 90 Personen die 3. Konferenz am 12. und 13. Februar 2020. Die 74 technologischen Zukunftsthemen wurden von den Instituten des Fraunhofer-Verbunds Verteidigungs- und Sicherheitsforschung (VVS – heute: Verteidigung, Vorbeugung und Sicherheit), des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), dem deutsch-französischen Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL), den wehrwissenschaftlichen Dienststellen und Universitäten der Bundeswehr sowie den wehrmedizinischen Forschungsinstituten in standardisierter und bereits bewerteter Form beigesteuert. Statt nach beitragenden Institutionen wurde die Konferenz 2020 im Sinne einer noch besser fokussierten Diskussion in thematischen Clustern strukturiert: Cyber/IT, Soldat/Schutz, Sensorik, Lagebild, Wirkung, Energie/Werkstoffe, See, Luft & Raum. Vertreter*innen aller mit F&T befassten Referate des BMVg und der nachgeordneten Ämter für Ausrüstung und Planung beteiligten sich an Diskussion und Meinungsbildung.
Weil die persönliche Begegnung mit umfangreichen Diskussionen im Konferenzsaal sowie am Rande des Konferenzgeschehens als Kernelement gesehen wird, wird die F&T-Zukunftslagekonferenz im Jahr 2021 aufgrund des Pandemiegeschehens nicht durchgeführt. Sobald die pandemische Lage es erlaubt, soll die Konferenzreihe weitergeführt werden.
Die F&T-Zukunftslagekonferenz hat sich als ein zentrales Element in der langfristigen Ressortforschungsplanung des BMVg entwickelt. Das Fraunhofer INT hat dabei die Rolle des zentralen Knotenpunkts des neu formierten F&T-Zukunftslage-Netzwerks übernommen.