Forschung für Europas technologische Unabhängigkeit im Weltraum
Projekt »UN:IO«: Fraunhofer-Institute INT und IAF unterstützen Vorbereitungen für ein souveränes europäisches Satellitennetz
Die Fraunhofer-Institute INT und IAF sowie der Fraunhofer-Leitmarkt Luft- und Raumfahrtwirtschaft wurden gemeinsam mit einem internationalen Konsortium aus mittelständischen Raumfahrtunternehmen und Start-ups ausgewählt, eine mit 1,4 Millionen Euro geförderte Studie für ein unabhängiges europäisches Satellitennetz anzufertigen. Mit diesem Netz will die Europäische Kommission (European Commission, EC) die Daten- und Technologiesouveränität der Europäischen Union zukünftig sicherstellen. Die ausgewählte Studie sieht unter dem Projekttitel »UN:IO« eine neuartige Satellitenkonstellation mit hochleistungsfähiger Kommunikationstechnik in verschiedenen Orbits vor, deren Satelliten nach ihrer Nutzungsdauer auf die Erde zurückkehren und so Weltraumschrott vermeiden.
Bis 2025 soll Europa seine eigene Konstellation von Satelliten zur Sicherstellung souveräner Kapazitäten für kommerzielle wie institutionelle Kommunikationskanäle erhalten. Durch eine solche satellitengestützte Kommunikationsinfrastruktur mit hohen Bandbreiten und kurzen Latenzen auch in entlegenen Regionen will die Europäische Union ihre Souveränität in zahlreichen Zukunftstechnologien sichern, darunter autonome Mobilität und digitalisierte Produktionsprozesse. Umsetzen möchte dieses Vorhaben ein Konsortium aus rund 20 mittelständischen Raumfahrtunternehmen und Start-ups, die hierfür das Projekt »UN:IO« entwickelt haben. Eine Studie zur Umsetzung des Projekts, an der das Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen INT sowie das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF beratend beteiligt sind, wird nun von der EC für sechs Monate mit 1,4 Millionen Euro gefördert.
Die von der EC geförderte Studie befasst sich mit der Analyse, Erforschung und Bewertung von mehreren Technologie-Komplexen, die das Innovationsniveau der »UN:IO«-Konstellation erhöhen werden. Dazu zählen unter anderem die Verknüpfung von Funkverbindungen mit optischer Kommunikation, ein von GPS-Daten unabhängiger Betrieb der Satelliten und die Nutzung von Quantum-Key-Distribution-Konzepten zur Erhöhung der Datensicherheit. Ein weiterer zu untersuchender Aspekt ist die Interoperabilität von »UN:IO« mit zwei anderen großen europäischen Satellitenkonstellationen, Galileo (Navigation) und Copernicus (Erdbeobachtung).
Beratung im Bereich Hochfrequenzelektronik und Qualitätssicherung der Studie
Das Fraunhofer INT ist mit seinem Geschäftsfeld Corporate Technology Foresight (CTF) federführend für das querschnittlich angelegte Arbeitspaket (Work Package, WP) 6 verantwortlich. Das WP dient der wissenschaftlichen Qualitätssicherung der eingesetzten Methoden und der Sicherstellung fundierter Ergebnisse. Als Teil dieser Aufgabe wertet das Fraunhofer INT systematisch eine sehr große Zahl vorhandener Studien, Publikationen und Datenbanken aus, um den weltweiten Stand der Dinge im Bereich der sicheren Kommunikationstechnologien zu ermitteln und zu verifizieren. Dieses Wissen ist eine wichtige Voraussetzung für das Projektkonsortium, um mit dem Projekt über diesen Stand der Dinge hinauszugehen und echte Innovationen zu entwickeln und zu implementieren.
Unterstützt wird CTF dabei von der ebenfalls am Fraunhofer INT verorteten Geschäftsstelle des Fraunhofer Leitmarktes Luft- und Raumfahrtwirtschaft, die bestens mit den für die Raumfahrt relevanten Akteuren in der Fraunhofer-Gesellschaft und darüber hinaus vernetzt ist und somit einen wertvollen Beitrag zum Aufbau der Datenbasis leisten wird.
Forschende des Fraunhofer IAF beraten das Konsortium speziell zur Nutzung leistungsstarker Satellitenkommunikationstechnik. In mehreren Berichten beurteilen sie die Chancen und Grenzen breitbandiger E- und W-Band-Frequenzen für Anwendungen in der »UN:IO«-Konstellation, analysieren mögliche Lösungen zur technischen Umsetzung und empfehlen geeignete elektronische Komponenten, etwa für energieeffiziente Sender und hochsensitive Empfänger. So trägt das Fraunhofer IAF zur Implementierung hochperformanter Halbleiterkomponenten im Projekt bei, die für eine langfristige Realisierung der genannten Zukunftstechnologien benötigt werden.
Über das Fraunhofer INT
Das Fraunhofer INT bietet wissenschaftlich fundierte Analyse- und Bewertungsfähigkeit über das gesamte Spektrum technologischer Entwicklungen. Vertieft wird dieser Überblick durch eigene Fachanalysen und -prognosen auf ausgewählten Technologiegebieten und durch eigene theoretische und experimentelle Arbeiten auf dem Gebiet elektromagnetischer und nuklearer Effekte.
Über den Fraunhofer-Leitmarkt Luft- und Raumfahrtwirtschaft
Die Luft- und Raumfahrt ist ein technologieintensiver Industriesektor, der das wirtschafts- und gesellschaftspolitische Leben erheblich beeinflusst. Fraunhofer unterstützt die Strategien der europäischen Luft- und Raumfahrtindustrie mit einem breiten Kompetenzportfolio und trägt dazu bei, deren Wettbewerbsposition zu sichern und auszubauen. Zusammengefasst wird dieses Portfolio im Fraunhofer-Leitmarkt Luft- und Raumfahrtwirtschaft. Organisiert wird der Leitmarkt über eine zentrale Geschäftsstelle, welche die eng verbundenen Branchen Luft- und Raumfahrt adressiert. Industrie, Wissenschaft und Politik finden hier den Einstieg in das Technologieportfolio der Fraunhofer-Gesellschaft für diese Branchen. Die Geschäftsstelle unterstützt unter anderem bei der Identifizierung geeigneter Ansprechpartner in den Instituten und organisiert institutsübergreifende Technologieangebote.
Über das Fraunhofer IAF
Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF ist eine der weltweit führenden Forschungseinrichtungen auf den Gebieten der III/V-Halbleiter und des synthetischen Diamanten. Auf Basis dieser Materialien entwickelt das Fraunhofer IAF Bauelemente für zukunftsweisende Technologien, wie elektronische Schaltungen für innovative Kommunikations- und Mobilitätslösungen, Lasersysteme für die spektroskopische Echtzeit-Sensorik, neuartige Hardware-Komponenten für Quantencomputer sowie Quantensensoren für industrielle Anwendungen. Mit seinen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten deckt das Freiburger Forschungsinstitut die gesamte Wertschöpfungskette ab – angefangen bei der Materialforschung über Design und Prozessierung bis hin zur Realisierung von Modulen, Systemen und Demonstratoren.