4D Druck angepasst
3D-Druck ist heutzutage für fast jedermann ein Begriff und hat sich als Synonym für den Sammelbegriff additive bzw. generative Fertigung etabliert. Durch die schichtweise Verbindung von formlosen Materialien, wie z. B. Pulvern, Pasten oder Bindemitteln, können komplexe dreidimensionale Gegenstände erstellt werden. Der Drucker greift dabei stets auf Informationen aus digitalen Vorlagen (CAD-Dateien) zurück. Das virtuelle Modell des jeweiligen Bauteils wird dabei zunächst durch eine geeignete Software in dünne Schichten zerlegt, auf deren Grundlage sich nach und nach das Bauteil formiert. Aktuell wird mit vielen unterschiedlichen Materialien experimentiert um herauszufinden, ob sie auch im Bereich der generativen Fertigungsverfahren eingesetzt werden können. Dies gilt zunehmend auch für adaptive Materialien, die durch einen externen spezifischen Reiz (z. B. Variation von pH-Wert, Temperatur oder Luftfeuchtigkeit) ihre Form, die mechanischen Eigenschaften oder ihre Farbe definiert verändern. Eine solche Veränderung, die auch als Transformation bezeichnet wird, beschreibt die vierte Dimension des 4D-Drucks, da die fertig gedruckten Gegenstände auch noch nach dem eigentlichen Druckvorgang entscheidende Zustandsänderungen erfahren. Durch diese Entkopplung von Herstellungsprozess und Bauteil erweitert sich die generative Fertigung mit dem 4D-Druck um die kontrollierte sekundäre Formgebung. Die Idee des 4D-Drucks stützt sich auf das Konzept der sogenannten Programmable Matter, in dem der MIT-Wissenschaftler Skylar Tibbits Gegenstände als zeitlich begrenzte Konglomerate programmierbarer Baueinheiten beschreibt. Für den 4D-Druck werden derzeit im Wesentlichen Formgedächtnislegierungen und –polymere, wie auch Hydrogele erforscht. Weitere interessante Transformationsmechanismen bieten Materialien wie z. B. Flüssigkristall-Elastomere und elektroaktive Polymere, sie könnten für den Einsatz von Aktoren oder adaptiven Optiken genutzt werden. Auch die Herstellung von multistabilen Bauteilen, die in Abhängigkeit der Belastungen unterschiedliche Formen annehmen, ist möglich. Dabei werden während des Drucks ein starres Polymer für den fixen Teil des Objektes und ein elastisches, adaptives Polymer für den beweglichen Teil zusammengesetzt.
Zum Einsatz könnten adaptive Geometrien z. B. beim bedarfsgerechten Design von Rotorblättern oder Flügeln kommen. Die Vermeidung von Geräuschen ist dabei ein wegweisender Aspekt. Des Weiteren sind sogenannte Self-Deployable Structures, die thermisch aktivierbar erst am Einsatzort automatisiert ihre nutzbare Form erlangen, sowie Sensor-Aktor-Systeme wie z. B. Mikroventile, die sich durch Licht steuern lassen, und faltbare Antennen, die sich selbst ausrichten, von großem Interesse. Darüber hinaus kann sowohl bei Fassadenelementen als auch bei Sonnenkollektoren der Einfall von Licht mit adaptiven Materialien beeinflusst werden, um z. B. die Temperatur zu regulieren. Künstliche Muskeln als lautlose Antriebe könnten im Bereich der Robotik zu enormen Fortschritten führen.
Noch befindet sich der 4D-Druck in einem sehr frühen Stadium der Entwicklung und die Möglichkeiten zum Einsatz solcher gedruckter Bauteile liegt vornehmlich dort, wo sie durch eine exakt vorgegebene Transformation ihre Effizienz steigern oder prinzipiell Aufgaben erst ausführen können. In Zukunft wird der Technologie-Push der additiven Fertigung von sehr spezialisierten Branchen, wie z. B. der Windkraft- sowie der Luft-und Raumfahrtindustrie genutzt. Der 4D-Druck könnte auf die lange Sicht auch im Bereich des Structural Health Monitorings Anwendung finden.