Trend-NEWS

Blockchain Reallabor im Rheinischen Revier

Kassenbücher (engl. Ledgers), die in der Vergangenheit aus Ton, Holz oder Papier bestanden, sind mittlerweile überwiegend digitalisiert und bilden auch heute noch das Rückgrat unserer Gesellschaft,  sowie die Grundlagen der Buchhaltung. Die Steigerung der Rechenleistung, Durchbrüche in der Kryptografie und die Verwendung neuer Algorithmen ermöglichten die Entwicklung von sogenannten Distributed-Ledgers (DLT). Solche DLT, zu denen auch Blockchains gehören, erfüllen vom grundsätzlichen Prinzip her dieselben Aufgaben wie klassische Kassenbücher und sind in ihrer einfachsten Form dezentrale Datenbanken, die von jedem Teilnehmer (sog. Knoten) in einem großen Netzwerk verwaltet und aktualisiert werden können. Jeder Knoten in einem solchen Netzwerk verarbeitet dabei jede getätigte Transaktion und kommt dabei zu seinen eigenen Ergebnissen. Diese werden anschließend mit allen anderen an einer bestimmten Blockchain beteiligten Teilnehmern abgestimmt, damit ein sogenannter Konsensus entsteht – also die Mehrheit der Ergebnisse der Teilnehmer übereinstimmt. Sobald dieser erreicht ist, wird der Ledger aktualisiert und alle Teilnehmer besitzen dann ihre eigene identische Kopie.

Diese verteilte Architektur ermöglicht eine neue Art der Datenspeicherung, -verarbeitung und ‑nutzung, die über die Verwendung einfacher Datenbanken hinausgeht. Damit ergeben sich neue Möglichkeiten für den Aufbau von Kooperationsnetzwerken und Organisationsformen, z. B. von Unternehmen, Behörden und der Verwaltung. Zudem können neue Arten von Beziehungen in der digitalen Welt formalisiert und gesichert werden, so dass z. B. die Kosten des Vertrauens (die früher von Notaren, Anwälten, Banken, Aufsichtsbehörden, Regierungen usw. getragen wurden) durch die Architektur des Distributed-Ledgers vermieden werden. DLTs entstehen dabei nicht durch die Nutzung einer bestimmten neuen Technologie, sondern basieren auf einer einzigartigen Kombination von Peer-to-Peer-Netzwerken, kryptografischen Verfahren und Datenstrukturen. Um DLT sicher und vertrauenswürdig langfristig nutzen zu können, werden bei der Umsetzung insbesondere wichtige Aspekte der Cyber-Sicherheit berücksichtigt. So werden DLT prinzipiell mit Sicherheitsmechanismen umgesetzt, die auf verteilten (bzw. redundanten) Datenstrukturen beruhen und ohne Vertrauen schaffende zentrale Instanz auskommen. Zudem werden Transaktionen nachvollziehbar zeitlich protokolliert, und durch die Unveränderlichkeit der Blockchain werden sie gemeinhin als fälschungssicher betrachtet.

In dem Projekt „Blockchain Reallabor im Rheinischen Revier“ sollen mit speziellem Fokus auf Nordrhein-Westfalen und insbesondere die im Rheinischen Revier vertretenen Branchen (Energie, Produktion, Logistik, Finanzen und Versicherung), sowie für die Daseinsvorsorge funktionierende und praxisrelevante Anwendungsbeispiele als Nachweis des Potenzials der Blockchain-Technologie erarbeitet werden. Dabei sollen diese Anwendungsfälle als Grundlage für die Schaffung eines Blockchain-Reallabors im Rheinischen Revier dienen, dass die netzwerkbasierte Zusammenarbeit in der Region aber auch darüber hinaus umsetzt. Das Projekt wird dazu über das Rheinische Revier hinaus Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Startups, sowie Verbänden aus ganz Nordrhein-Westfalen einbinden, um die dazu nötigen Forschungsfragen zu klären und die aussichtsreichsten im entstehenden Reallabor zu testen.

Neben den rein technologischen Aspekten wird im Rahmen des Projekts zu Beginn eine Bestands- und Bedarfserhebung für DLT mit Fokus auf Nordrhein-Westfalen durchgeführt, wobei unter anderem Akteure und Anwendungsfälle auf der Basis der aktuellen und zukünftigen Potentiale der Blockchain-Technologie identifiziert werden sollen. Dazu trägt in besonderem Maße das Science Observatory im Fraunhofer INT bei. Es handelt sich dabei um einen kontinuierlichen Technologiescouting und -monitoring Prozess, der durch ein im INT entwickeltem, auf IBM Watson Technologie basiertem Assistenzsystem (KATI – Knowledge Analytics for Technology & Innovation) unterstützt wird. Des Weiteren werden im Fraunhofer INT kreative Methoden zur Stakeholder-Einbindung in Innovationsprozesse adaptiert und entwickelt.

Zu diesen Methoden zählen neben Interviews, Online-Umfragen, verschiedenen Workshop-Formaten, wie World Cafés, auch spielbasierte Methoden wie das INT Zukunftsspiel. Mit dessen Hilfe sollen die (technologischen) Bedarfe der Unternehmer und Vertreter aus Behörden spielerisch identifiziert werden, um dann durch Technologieexperten mit den sich bietenden Potentialen der Blockchain-Technologie abgleichen zu können. So werden passgenaue Lösungen und Maßnahmen entwickelt.

Dieser Trend-NEWSletter-Artikel wurde im November 2019 veröffentlicht.

Anmeldung Newsletter Corporate Technology Foresight

Ab 2017 versenden wir regelmäßig weitere Texte zu neuen Technologien per Newsletter. Zur Anmeldung für den Newsletter füllen Sie bitte das folgende Formular aus und klicken Sie auf "Anmelden".