Bodeneffekt-Flugzeuge
Der Transport von Nutzlasten erfolgt in der Regel über Luft- und Seeverkehr. Herkömmliche Flugzeuge ermöglichen einen schnellen Lufttransport, während der Seetransport zwar langsamer ist, aber eine wesentlich höhere Nutzlastkapazität bietet. Hierbei könnten Bodeneffekt-Flugzeuge (BEF) eine vielversprechende, weitere Option darstellen. BEF kombinieren die Geschwindigkeitsvorteile von Flugzeugen mit der höheren Nutzlastkapazität von Schiffen.
Bodeneffekt-Flugzeuge gehören zur Kategorie der Bodeneffektfahrzeuge. Die Komponenten wie z. B. das Antriebssystem, das Leitwerksystem, der Rumpf und die Tragflügel ähneln denen eines Flugzeugs. Das Fahrwerk wird speziell für Lande- und Startvorgänge auf Wasseroberflächen angepasst. Es werden zwei Bauformen von BEF unterschieden: solche, die aufgrund des Bodeneffekts ihre Flughöhe nicht verändern können, und solche, die diesen Bereich für einen begrenzten Zeitraum verlassen können. Zu den gängigen Tragflügelkonfigurationen gehören der gerade Einflügler, der umgekehrte Deltaflügler und der Tandemflügler. Um das physikalische Phänomen des Bodeneffekts technisch auszunutzen, fliegen BEF im bodennahen Bereich über ebene, hindernisfreie Oberflächen. Die aerodynamischen Effekte, die beim Fliegen in unmittelbarer Nähe zur Erdoberfläche auftreten, sind verantwortlich für den sogenannten Bodeneffekt. Wenn ein Flugzeug in ungestörter Luftströmung fliegt, verdrängt der Tragflügel sowohl nach oben als auch nach unten die Luft. Auf der Oberseite des Tragflügels führt die Wölbung und der Anstellwinkel zu einer stärkeren Luftbeschleunigung im Vergleich zur Unterseite. Dadurch entsteht ein Druckunterschied zwischen Ober- und Unterseite, der den Auftrieb erzeugt. Jedoch wird die Luftbewegung nach unten in unmittelbarer Nähe zum Boden behindert, was zu einem weiteren Anstieg des statischen Luftdrucks an der Unterseite des Tragflügels führt. Dieser Effekt erhöht die Auftriebskraft und reduziert gleichzeitig den aerodynamischen Widerstand im horizontalen Flug. Der Bodeneffekt schafft praktisch ein Luftpolster, das die Flugeffizienz deutlich steigert und es ermöglicht, bei niedrigen Flughöhen über lange Strecken höhere Nutzlasten zu transportieren.
Bodeneffekt-Flugzeuge eröffnen attraktive Nischenmärkte in der Mobilitätswirtschaft. Der Katastrophenschutz könnte BEF nutzen, um z. B. die Versorgung der Bevölkerung in Ausnahmesituationen oder zur schnellen Hilfe auf hoher See sicherzustellen. Denkbar sind auch BEF-Patrouillenflüge der Küstenwache, um illegale Fischerei in geschützten Küstengebieten zu bekämpfen. Zudem könnten BEF die Überwachung von Bohrinseln oder auch Küstenabschnitten übernehmen. Die Verbindung von Inseln und Küstengemeinden durch BEF als Alternative zum Schnellboot wäre ebenfalls möglich. BEF könnten Monteure und Techniker schnell zu Offshore-Windfarmen transportieren, um notwendige Reparatur- oder Wartungsarbeiten durchzuführen. Weitere Einsatzmöglichkeiten umfassen den Gütertransport von Containern oder Lebensmitteln sowie küstennahe Logistik mit kleineren, teilweise selbstfahrenden Cargo-BEF. In der Tourismusbranche könnten BEF für Langstreckenreisen oder als Kurierdienst für Pharma- und Medizinprodukte z. B. entlang großer Flüsse eingesetzt werden.
Bodeneffekt-Flugzeuge wurden jedoch nie auf den Markt gebracht, da sie besonders mit hohem Entwicklungs- und Betriebsrisiko und geringen Leistungsdaten zu kämpfen hatten. Die Umsetzung von BEF scheiterte auch daran, dass die Betriebskosten bestehender Transportmittel immer deutlich niedriger waren. Dennoch könnten BEF in bestimmten Anwendungsbereichen interessant sein, da sie gegenüber Schiffen einen Geschwindigkeitsvorteil bieten und eine höhere Nutzlastkapazität als Frachtflugzeuge haben. Es erscheint langfristig realistisch, große BEF für Nutzlasten von 100 Tonnen oder mehr zu verwirklichen. Im Gegensatz dazu verzeichnen aktuelle technologische Fortschritte bei der Umsetzung kleinerer Bodeneffekt-Flugzeuge, beispielsweise für den Personenverkehr mit wenigen Fahrgästen jetzt schon einen sicheren Betrieb. Daher ist eine kurzfristige Umsetzung mit dem Ziel der Kommerzialisierung schon bereits machbar.