Erst mit einer geeigneten Messvorrichtung kann über Störversuche mit Hochleistungsmikrowellen eindeutig Aufschluss erlangt werden
Robustes Messystem für Hochleistungsstörsignale
Die Forschung am Fraunhofer INT zu Störungen elektronischer Geräte unter Einwirkung elektromagnetischer Signale hoher Leistung (HPEM, High Power Electromagnetics) blickt auf eine jahrzehntelange Historie zurück. Den untersuchten Phänomenen ist gemein, dass die betroffenen Zielobjekte häufig Störungen wie Systemabstürze oder Hardwaredefekte aufweisen, wie sie auch im Regelbetrieb durch Instabilitäten oder Verschleiß auftreten können. Die bewusste Fremdeinwirkung als eigentliche Ursache entgeht dabei oft der menschlichen Wahrnehmung. Aus diesem Grund verfolgt das Fraunhofer INT seit vielen Jahren die Grundidee eines Messsystems, das selbst gegen Störungen robust ist, aber dennoch leistungsfähig bei der Erfassung von Hochleistungsstörsignalen ist.
Da bewusste Störversuche gewöhnlich bei elektrischen Feldstärken operieren, die mindestens eine Größenordnung über dem zivilisatorischen Hintergrund durch Radio, Fernsehen und Mobilfunk liegen, könnte zunächst eine einfache Warnvorrichtung das Überschreiten einer kritischen Schwelle an ihrem Standort kenntlich machen. Jedoch ist eine präzisere Erfassung von Parametern wie der Signalstärke und, je nach Signalform, auch der Trägerfrequenz und der Modulationseigenschaften erforderlich, um eine Risikoabschätzung der potenziellen Schäden sowie eine Quellenforensik durchzuführen.
Entwicklungsziele am Fraunhofer INT
Zielsetzung der Entwicklungsbestrebungen am Fraunhofer INT war es, den Dynamikbereich, die Messgenauigkeit und die Frequenzbandbreite gängiger Labormessgeräte in einem kompakten, robusten und energieeffizienten Detektionssystem möglichst umfassend widerzuspiegeln. Dabei sollte das Gerätevolumen deutlich reduziert und die Anschaffungskosten um etwa eine Größenordnung gesenkt werden. Eine besondere Herausforderung besteht hierbei im breiten Spektrum zu detektierender möglicher Störsignale. Durch sein kompaktes Design und das integrierte Batteriemodul kann der am Fraunhofer INT entwickelte HPEM-Detektor FORDES sowohl stationär beispielsweise in einem Rechenzentrum oder einer Leitwarte installiert, als auch mobil im Feld für den Einsatz in besonderen Situationen verwendet werden.
Abgrenzung zu marktüblichen Lösungen
In der Forschungsgemeinschaft werden aufgrund des geschilderten Grundrisikos schon seit einigen Jahren Detektionslösungen, die das Messproblem mit verschiedener Schwerpunktsetzung angehen, diskutiert und inzwischen auch im Markt angeboten. Herausfordernd bleibt die breitbandige Erfassung der Störsignalamplituden bis hin zu zehn Gigahertz Trägerfrequenz mit der erforderlichen Messdynamik. Gegenüber einfachen Warn- oder Messlösungen wurde FORDES als ein System auf FPGA-Basis entwickelt, welches über einen effektiven Dynamikbereich von mindesten vier Größenordnungen schmalbandige Störungen erfassen und zudem in ihrer Trägerfrequenz vermessen kann. Das ermöglicht Frequenzgangkorrekturen für eine akkurate Rekonstruktion der am Einsatzort anliegenden elektromagnetischen Felder und damit eine fundierte Risikoeinschätzung im Ereignisfall. Auf die Implementierung dieses Alleinstellungsmerkmals gründet sich auch eine laufende Patentanmeldung. Zusammen mit einer Aufzeichnung der Signalhüllkurven auf Zeitskalen weniger Nanosekunden ist somit auch bei gepulsten Signalen eine grundlegende Quellenforensik möglich, welche Rückschlüsse auf den Urheber der jeweiligen Störung erlaubt.
Einsatzmöglichkeiten
Der im aktuellen FORDES-Labordemonstrator verbaute Akku ermöglicht es dem System, mehr als zehn Stunden lang die Feldbelastung an beliebigen Standorten zu überwachen und Störereignisse aufzuzeichnen. Mittels separat gehärteten Netzteils ist auch die dauerhafte Stromversorgung im stationären Betrieb beispielsweise an Schlüsselsystemen kritischer Infrastrukturen möglich. Über eine störfeste optische Netzwerkverbindung kann das System von einem Computer über ein Webinterface gesteuert und ausgelesen werden.
Für den HPEM-Detektor FORDES gibt es auch zunehmend Anwendungen im militärischen Kontext, indessen eine zunehmende Komplexität der eingesetzten Systeme sowie eine stete Weiterentwicklung elektromagnetischer Wirkmittel zu beobachten ist. Aufgrund der damit steigenden Relevanz von Störversuchen sind aktuell Bestrebungen im Gange, FORDES als HPEM-Sensor für ein militärisches Landfahrzeug zu instrumentalisieren. Dies bedingt mechanische und technische Anpassungen bezüglich Einbauort und Bordelektronik sowie die IT-technische Anbindung an den modernen NGVA (NATO Generic Vehicle Architecture)-Standard.